Paris – Cardiff

Fahrrad ·
10 Tage
Dauer
787.9 km
Gesamtkilometer
78.8 km
Tagesstrecke
3808 m
Bergauf
3860 m
Bergab
53:36 h
Zeit unterwegs
5:22 h
Zeit pro Tag
14.7 km/h
Ø-Geschwindigkeit
54.61 km/h
Höchstgeschwindigkeit

Bevor es mit der Radtour losgehen konnte, musste ein Weg gefunden werden mit Rad nach Paris und von Cardiff aus wieder zurückzukommen. Nach einigen Stunden Recherche entschied ich mich mit dem Zug zu reisen. Ich holte mir ein Interrail Ticket für 4 Tage, sowie Sitzplatz und Fahrrad-Stellplatz Reservierungen. Das war recht kompliziert, da nicht jeder Zug Fahrräder mitnimmt und ich auf die lange Distanz auch gerne Schnellzüge nehmen wollte. Alternativ hätte man auch das Flugzeug nehmen können, das Rad mit Speditionen verschicken oder ein Rad vor Ort ausleihen können. Es erschien mir jedoch am einfachsten, das Rad selber mitzunehmen. Für Frankreich bestellte ich mir außerdem noch eine Tasche um das Rad einpacken zu können, da man so auch mit Zügen ohne Radabteil mitfahren darf.

Am Donnerstagabend ging es dann mit dem Nachtzug von Dresden nach Offenburg, mit Nahverkehr nach Strasbourg und von dort weiter mit dem ICE. Hier hatte sich auch direkt die Tasche für das Rad bezahlt gemacht: Der Nachtzug war stark verspätet und ich musste umbuchen. Der nächste Zug mit Radabteil wäre erst 6 Stunden später gefahren, mit der Tasche hatte ich 10 Minuten zwischen Umbuchung und Abfahrt. Also bin ich schnell zum Bahnsteig, hab Taschen und Vorderrad in Höchstgeschwindigkeit abgebaut und bin in den Zug gestiegen.

Paris

Paris kannte ich schon von meiner Tour ein Jahr zuvor. Auch ohne Olympia war der Verkehr grausam und die Straßen voll. Teilweise gibt es Busspuren die auch von Taxis, Motorrädern und Radfahrern genutzt werden dürfen, das macht das ganze etwas erträglicher. Nach ein paar Stunden Sightseeing von Notre Dame, Louvre und Palais de Justice hatte ich genug vom Verkehr und machte mich auf den Weg aus der Stadt zu kommen.

Fußgänger- und Radfahrerbrücke bei Nanterre. Breite Holzstufen führen über einen breiten Bogen auf die Brücke, an der linken Seite gibt es eine schmale Rampe für Radfahrer

Die Fahrt ging entlang der Seine nach Norden durch die Pariser Vorstadt. Ich folge zunächst der Avenue verte von Paris bis London. Die Landschaft war sehr städtisch geprägt. Es gab viele Industrieanlagen und Wohnsiedlungen, aber auch viel grün: kleine und große Parks mit Sportgeräten, Trinkwasserbrunnen und Stationen um das Rad zu reparieren. In Chatou hatte mir eine Glasscherbe ein Loch in den Reifen geschnitten, also wurde der Ersatzschlauch genutzt. Auf dem Weg zum Laden für den neuen Ersatzschlauch traf ich einen Briten auf dem Weg von Oxford nach Paris, dem ich half sein Hotel zu finden.

Das Maisons Laffitte, ein großes schloss-ähnliches Haus mit großer Parkanlage davor.

Ich hab generell versucht mich mit meinem schlechten Schulfranzösisch durchzuschlagen, da Englisch außerhalb der touristischen Gebiete generell sehr wenig gesprochen wird. Das hat relativ gut geklappt, aber Konversationen konnte ich nicht wirklich führen. Zu Essen gab es Mittags und Abends Baguette von der Boulangerie. Das Wetter am ersten Tag war super: leicht bewölkt, nicht zu warm und nur ein bisschen Wind.

Die Nacht verbrachte ich in einem schönen Wald mit Moos unterm Zelt. An diesem Ort hab ich unter einem Baumstumpf einen alten Brief gefunden.

l’Oire und l’Epte

Nach einer erholsamen Nacht im Wald fuhr ich Richtung Cergy zur Mündung von der Oise in die Seine um ein tolles Frühstück zu genießen. Kurz darauf gab es einen kurzen Schauer, den ich im Trocknen abwartete.

In Cergy verlor ich einmal kurz den Radweg und landete zufällig an der Axe Majeur, einem 3,2 km langem Kunstwerk moderner Architektur mit 12 Komponenten. Ich sah einen gigantisch langen, geraden Fußweg und Treppe von Cergy bis auf eine Insel in der Oire. Hier waren viele Jogger unterwegs, und es bot sich ein herrlicher Blick auf Paris und die umliegende Landschaft.

Treppen führen mittig im Bild von einer Anhöhe in die tiefe des Bildes. Dort befindet sich eine Parkanlage und ein See mit Insel. Am Horizont ist die moderne Skyline von Paris zu sehen.

Anschließend folgte der Radweg der Oise weiter Richtung Norden entlang vieler Feldwege. Hier gab es teilweise heftigen Wind.

Gegen Abend ging der Regen wieder los. In einer Bushaltestelle suchte ich unterschlupf und kochte mir ein paar Tortellini. Leider hörte der Regen nicht auf, und ich fuhr weiter. Irgendwann hat er doch kurz pausiert, und ich nutzte den erstbesten Ort um mein Zelt aufzubauen. Kaum hatte ich alles ausgepackt ging es wieder los, und ich kämpfte in stärksten Regen an dem Tag mit der Zeltplane. Die Jackentaschen liefen voll mit Wasser, und Pfützen bildeten sich auf der Zeltplane. Nach einiger Zeit stand das Zelt dann, und ich hängte alle meine Sachen zum Trocknen auf.

Trotz des Wetters konnte ich an dem Tage die übrig gelassenen Kilometer vom ersten Tag wieder aufholen.

Dieppe

Am Sonntag ging es an vielen Feldern und kleinen Dörfern vorbei durch die französische Landschaft. Ab und zu waren schöne Schlösser und Burgen zu sehen. Der Radweg befand sich auf einer ehemaligen Bahnstrecke und war wunderschön: flach und asphaltiert. Trotz der eher kleinen Ortschaften waren erstaunlich viele Menschen und Hunde unterwegs.

Mein schwer bepacktes Rad steht auf einem Kiesweg umgeben von grünen Bäumen und Büschen.

Gegen Abend war ich sehr erschöpft, typisch für Tag 3 einer jeden Radtour. Da ich aber gut in der Zeit lag (die Fähre fuhr ja erst 23:59 Uhr), schaute ich mir die Städte Neufchâtel-en-Bray und Dieppe an. Nach einer leckeren Pizza in Dieppe und einem wunderschönen Sonnenuntergang ging es schließlich zur Fähre. Die Fähre zu nutzen war recht unkompliziert: Ticket zeigen, Passkontrolle und los gehts. Ich war nicht der einzige Radler vor Ort: Manche hatte ich vorher schon getroffen, andere waren auf dem Weg in die Heimat und wieder andere wollten die gesamte Avenue Verte in nur 3 Tagen abschließen.

Mein Rad steht am Strand in Dieppe vor Kreidefelsen.

Auf der Fähre selbst suchte ich mir einen ruhigen Ort, setzte Ohropax rein und überquerte die Zeitzone mit 6 Stunden Schlaf.

High Weald

Am nächsten Morgen erreichten wir Newhaven um 05:00 Uhr. Obwohl ich hier eine ähnliche Landschaft wie an der französischen Küste vorfand, war der Ort doch irgendwie typisch britisch. Ich legte mich nochmal für eine Stunde an den Strand schlafen, machte mir ein gutes Frühstück und fuhr schließlich los.

Ein trockenes Flussbett kommt aus einer britischen Siedlung in den Vordergrund. Eine kleine Fußgängerbrücke überquert es. Im Hintergrund ist eine hügelige Wiesenlandschaft zu sehen.

Es ging von den Kreidefelsen über eine Hügellandschaft voller Wiesen mit Kühen und Schafen. Alle Felder in Großbritannien sind Privatland und als solches gekennzeichnet. Hecken und Zäune trennen die Felder von den Straßen. Ab und zu wurde ein public byway angelegt, der zwischen den Feldern und oft durch Alleen verläuft. Der Radweg führte oft auf alten Bahnwegen entlang durch die Landschaft. Ab und zu trifft man auf einzelne Gutshäuser, die im typisch britischen Stil aus Backsteine gebaut wurden. Siedlungen sind häufiger als in Frankreich und auch etwas größer.

Eine Schafherde grast in einer grünen hügeligen Wiesenlandschaft. Ein paar Bäume sind ebenfalls zu sehen.

Die Nacht verbrachte ich kurz vor Crawley bei dem Gutshof eines Bauers, der mich dort freundlicherweise zelten ließ.

London

Die Fahrt nach London am nächsten Tag ging durch deutlich dichter besiedeltes Terrain und größere Städte. In Redhill gab es einen kleinen Anstieg und eine tolle Aussicht in die Landschaft. Ab da wurde der Verkehr spürbar stärker, und so quälte ich mich auf den Busspuren durch London.

Die Skyline von London baut sich am Horizont auf. Im Vordergrund sind Holzbalken mit einem Tempo-20 Schild (Meilen pro Stunde), die die Straße auf dem Red Hill markieren.

Die Nacht verbrachte ich in einem coolen, sozialen Hostel in der Innenstadt. Zuvor schaute ich mir die Stadt noch ein wenig an. Zum Abendbrot ging ich in ein etwas abgelegenes Restaurant, das nicht zu nobel aus sah. Die Bedienung war jedoch scheinbar für feinere Restaurants ausgebildet, was einige lustige Situationen erzeugte.

Die Frontfassade und einige Türme des Buckingham Palace. Heller, warmer Stein, zahlreiche Türmchen und Fensternischen sind zu sehen. Auf einem der Türme weht die Flagge von Großbritannien.

Windsor

Am nächsten Morgen fuhr ich nochmal durch die Stadt zur Tower Bridge, füllte meine Vorräte auf und reparierte die Radtaschen notdürftig (Schrauben hatten sich gelöst). Vor dem Buckingham Palace fand ein Anti-Brexit Protest statt.

Ein Hirsch liegt im Vordergrund auf einer Wiese. Im Hintergrund laufen 3 Menschen durch die Landschaft.

Die Tour ging nun entlang des Eurovelo 2 entlang der Themse nach Westen. Hier sah ich die britischen Ruderer, kleine hübsche Ufer an der schmaleren Themse und viel grüne Parkfläche. Zwischendurch ging es auch durch den Royal Park mit zahmen, aber scheinbar frei lebenden Rehen. Ab und zu traf ich auf hübsche Gebäude wie dem Hampton Court Palace und dem Schloss in Windsor. Mittag aß ich in einer Schweizer Bäckerei und schrieb dort zwei Postkarten. Die Sendung nach Deutschland kostete starke 10 €.

Zwei Personen in einem Kanu auf der Themse. Einer brüllt durch ein Megaphon auf Ruderer in einem anderen Boot außerhalb des Bildes ein.

Für die Nacht fand ich einen kleinen Campingplatz. Nach einem Anruf beim Besitzer und £20 fand ich mich auf einer halben Baustelle wieder. Der Rasen für das Zelt und Camper war fertig, aber die Toiletten und Duschen waren erst halb fertig.

Die Burg Windsor baut sich auf einem Hügel hinter einer grünen Parkanlage mit Springbrunnen auf. Ein Flugzeug überfliegt die Szene.

North Wessex Downs

Donnerstag ging es schließlich noch ein kleines Stück an der Themse bis Reading, dann entlang des Kennet-Kanals. Der Weg dort war an den besten Stellen eher ein Spazierweg, an den schlimmsten Stellen ein zugewachsener Trampelpfad. Es gab einen kurzen Regenschauer, ansonsten war das Wetter wie bisher auch sehr schön sonnig und leicht bewölkt. Rote Backsteingebäude reihen sich an dem Kennet Kanal auf.

An der Themse und dem Kennet sah ich immer wieder britische Urlauber, die sich mit langen Kanalbooten durch die Schleusen kämpften.

Grüne Sträuche und Bäume umranden den Kennet Kanal. Im Vordergrund verstecken sich Gänse im grün. Im Hintergrund liegen lange, schmale Kanalboote an.

Stonehenge

Kurz vor Ende der Tour wagte ich noch einen Abstecher nach Stonehenge – ich hatte den Plan gut eingehalten, und so nutzte ich die Chance. Es ging entlang des Avon Richtung Amesburry und dort nach Wood- und Stonehenge. Das 5000 Jahre alte Bauwerke wurde von vielen Touristen besucht. Die Steine sind etwa doppelt so hoch wie ein Mensch und beeindruckend zu sehen. Außer Stonehenge gibt es allerdings sehr wenig zu sehen.

Rechteckige Felsen stehen im Kreis auf einer Wiese. Zwischen manchen liegen weitere große Steine oben drauf und überbrücken die Lücke zwischen ihnen.

Nachmittags ging es den selben Weg am Avon zurück bis Devizes, dann entlang des Avon weiter nach Westen. Auf einer Farm wurde ein Campingplatz angeboten, den ich wieder nutzte. Dieser war deutlich besser und günstiger als der Erste (£13). Das Wetter war diesmal mit über 30 °C sehr heiß, und die kleine Abkühlung im Avon war Willkommen.

Eine Gebirgsstelze mit Libelle im Mund auf einem Stein im Avon Fluss.

Bristol

Die Landschaft entlang des Avon ähnelt sehr stark der Landschaft am Kennet. Viele Boote, schmale Wege, gerader Kanal mit vielen Schleusen, außen von Bäumen umgeben.

Radweg und alte Bahnstrecke in einer Rechtskurve unter einer Brücke umgeben von Grün. Ein niedriger Drahtzaun mit Holzpfählen trennt die parallelen Wege.

Die Stadt Bath hat mich Eiskalt erwischt: eine römische Stadt vol mit zahlreichen Bädern und Pumphäusern. Von da führte eine alte Bahnstrecke den Radweg vom Kanal weg und weiter Richtung Bristol, durch alte Tunnel und vorbei an kleinen Cafés und Teestuben.

Der Avon Fluss fließt unter einer bebauten Brücke in der Innenstadt von Bath. Die Gebäude bestehen aus hellgrauen Stein. Im Hintergrund erstreckt sich die Stadt auf weiteren Hügeln.

Bristol ist eine größere Stadt mit 480.000 Einwohnern. Es gibt moderne Architektur und eine schöne Altstadt mit überdachten Märkten und netten Geschäften. Es wurde viel mit Backstein gebaut.

Eine Gasse mit Glasdach und Geschäften links und rechts. Eine Treppe im Vordergrund führt in einen Clubraum.

Vorbei an der Uni und schönen Parkanlagen ging es nun an die Bucht zwischen Bristol und Cardiff. Dort bot sich mir ein wunderschöner Sonnenuntergang zwischen 2 gigantischen Brücken.

Die rote Sonne geht unter. Im Vordergrund steht ein grünes Zelt und ein Fahrrad. Links neben der Sonne steht ein Wegweiser.

Cardiff

Am nächsten Morgen fuhr ich dann über eine der Brücken durch die Bucht von England nach Wales. Dementsprechend wurden die Straßenschilder nun zweisprachig: Englisch und Walisisch. Bei extrem starkem Gegenwind ging es jetzt durch Felder und einige Hügel nach Cardiff.

Dort hatte ich mich in ein Hostel eingebucht. Dies theoretisch eine Drum and Bass Bar unter sich, die gleichzeitig als Rezeption diente. Allerdings war alles zu und ich konnte mich nur über das Hany selbstständig einchecken. Schlüssel gab es keine, stattdessen öffnet man die Türen mit dem Handy über eine Website. In dem ganzen Hostel gab es scheinbar nur zwei andere Gäste, mein 6-Bett-Zimmer war ansonsten leer.

Eine historische Hausfassade begleitet eine gerade Straße in den Hintergrund. Zahlreiche Geschäfte und Werbeschilder sind zu sehen.

Ich lud meine Sachen ab, Schloss das Rad ab und schaute mir die Stadt an. Neben den typischen Vorstädten und moderneren Vierteln mit Glasgebäuden gab es auch eine kleine Altstadt mit einem Schloss und Parkanlage. In dem Park fand zur Zeit ein walisisches Festival statt, welches ich besuchte. Die Schilder waren teilweise nur auf walisisch, was für etwas Verwirrung vor der Biertheke sorgte.

Für Panik dagegen sorgte, dass ich mein Handy auf dem Festival verlor: ohne Handy hatte ich kein Hostel, keine Radtaschen, keine Rad und keine Tickets nach Deutschland. Das Handy selbst war im Flugmodus um Akku zu schonen. Ich suchte das Gelände ab, sprach mit Security, Crowd Control, Managern, Müllsammlern, Verkäufern, Besuchern und fand nichts. Nachdem wir zu viert das Gelände auf den Kopf stellten und kurz vorm Aufgeben waren fand ich es schließlich: in einer selten genutzten Jackentasche von mir. Erschöpft viel ich nun in mein Hostelbett.

Auf einer grünen Wiese wurden zahlreiche Zelte und bunte Banner aufgestellt. Auf Sitzbänken und um sie herum befinden sich zahlreiche Menschen.

Am nächsten Morgen ging es mit der Great Western Railway nach London, von London mit dem Eurostar nach Brüssel, und schließlich mit dem ICE nach Deutschland. Der Eurostar überraschte mich, da die Sicherheitschecks denen für Flugzeuge in nichts nachstanden. In Brüssel nutzte ich meinen Puffer von 4 Stunden für ein wenig Sightseeing.

Das Rathaus von Brüssel in hellgrauem Gestein. Zahlreiche Statuen schmücken die Fassade. In der Mitte erhebt sich ein Turm, begleitet von kleineren Türmen.

Gegen Mitternacht kam ich mit Verspätung in Frankfurt an und verpasste so alle Anschlüsse. Die Deutsche Bahn spendierte mir daraufhin ganz unkompliziert ein Hotelzimmer mit Frühstück, so dass ich am nächsten Tag weiterfahren konnte. Im IC von Leipzig nach Dresden wurde mein Rad leider nicht akzeptiert (ich hatte ja keine Reservierung), auch nicht in meiner Tasche. Also bin ich auf Regionalverkehr ausgewichen.